Wie Worte unseren Umgang mit neuen Herausforderungen ändern können
Ich bin Radio- und Eventmoderator. Seit einiger Zeit auch Videoproduzent. Das bedeutet:
meine Passion ist die Präsentation.
Griffige Formulierungen, mitreißende Bilder, die knackige aber korrekte Umsetzung von Themen.
Storytelling.
Kino im Kopf.
Emotionen.
Motivation.
Informationen.
Denkanstöße.
Und gerade in der jetzigen Zeit zeigt sich, wie wichtig gute Formulierungen sind.
Millionen von Menschen weltweit - nicht nur in meiner Branche - zermartern sich gerade das Hirn mit Fragen wie
„Wie soll es nach Corona weitergehen?“
Aber auch:
„Was können wir tun, dass so etwas nicht wieder passiert?“
Und dabei zeigt sich mal wieder:
der Mensch ist Meister darin, das Pferd von hinten aufzuzäumen.
Der positive Aspekt vorneweg:
im Angesicht der Pandemie zeigt sich, dass wir grenzüberschreitend zusammenarbeiten können, wenn wir nur wollen. Wenn es akut wird, dann erwachen wir aus unserer Lethargie.
Wir streiten, bewerten, lernen.
Wir ergreifen Maßnahmen.
Das funktioniert mal mehr und mal weniger gut.
Ja, da ist viel Hilflosigkeit und auch viel blinder Aktionismus.
Wirtschaft, Kultur und Gesundheitswesen liegen sich in den Haaren.
Auf der einen Seite fließen Milliarden, andererseits liegen ganze Branchen darnieder
Die gleiche Anzahl Menschen darf sich hier treffen, dort aber nicht.
Einer darf seiner Arbeit nachgehen, ein Anderer mit ähnlichen Rahmenbedingungen nicht.
Viele blicken nicht mehr durch.
Möglicherweise der Effekt schlechter Formulierung und Kommunikation!?
Trotzdem ist der Großteil von uns (teils zähneknirschend) bereit, seinen Teil beizutragen.
Wir halten uns an die Vorgaben. Wir informieren uns und lernen dazu. Die Wissenschaft erlebt einen neuen Boom. Berufsgruppen die bisher (meist zu unrecht) im stillen Kämmerlein gearbeitet haben bekommen endlich die ihnen zustehende Aufmerksamkeit.
Und warum?
Zum Teil natürlich aufgrund der puren Faktenlage, der unmittelbaren Gefahr.
Aber auch wegen eindrucksvollen Worten und Bildern.
Infektionszahlen.
Pandemie.
Und nicht zuletzt:
Triage!
Wir wissen, dass es uns unmittelbar treffen kann. Und dieses mulmige Gefühl lässt uns handeln.
Wir sind nicht starr vor Angst.
Das tun wir immer dann, wenn es uns selbst direkt oder zumindest mittelbar ans Leder geht.
Ich erinnere an den 26. Dezember 2004.
Während wir die Weihnachtsfeiertage genossen haben rollte ein tödlicher Tsunami um die halbe Welt. Länder wie Thailand, Malaysia, die Malediven, Indonesien oder Sri Lanka wurden massiv verwüstet.
Rund eine Viertelmillion Tote und knapp zwei Millionen Obdachlose waren die Folge.
Aber nicht nur die einheimische Bevölkerung war betroffen, sondern auch Touristen aus aller Welt.
Und damit unsere Liebsten (Urlaubsziele).
„Todeswelle im Paradies“ war da oft in der Berichterstattung zu lesen.
Die folgende Welle aus Solidarität und Spendengeldern war gigantisch.
Vieles wurde schnell wieder aufgebaut und die Spuren beseitigt.
Gegenbeispiel Haiti. Obwohl in unmittelbarer Nachbarschaft zum Urlaubsziel Dominikanische Republik ein Land, das bei uns durchs Raster fällt.
Am 12. Januar 2010 pulverisiert ein Erdbeben in nur 37 Sekunden einen Großteil der Inselnation.
220.000 sterben, knapp 2,5 Millionen werden obdachlos - und leiden bis heute.
Vergleichbare Zahlen, komplett anderes Ergebnis.
Ähnliches könnte man von den Flutopfern in Bangladesch, oder von vielen anderen Orten der Welt berichten, die wir schlicht nicht „auf dem Schirm“ haben.
Um es ganz deutlich zu sagen:
hier leiden die gleichen Menschen unter den gleichen, katastrophalen Umständen.
Es will nur (kaum) einer etwas dagegen tun. Es betrifft uns einfach nicht.
Es fehlt die Lobby, der Eyecatcher, der persönliche Bezug, die unmittelbare, direkte Auswirkung auf unser Leben.
Und da kommen wir zurück zur Überschrift, und zum „Klimaschutz“.
Rein gehts in den Teufelskreis!
Die Corona-Pandemie ist - nach vielem was wir bisher wissen - zumindest eine indirekte Folge von Umweltzerstörung.
Je mehr der Lebensraum von Tieren durch den Menschen vernichtet wird, umso näher kommen sich die beiden.
Und dann springt schon mal ein SARS-Virus vom Tier auf den Menschen über und sorgt für eine Pandemie.
Bei AIDS übrigens fast das gleiche Spiel. Der Vorgänger von HIV - SIV - sprang vom Affen auf den Menschenaffen über, weiter auf den Menschen, und mutierte zu HIV mit allen bekannten Folgen.
Sicher gibt es noch viele, weniger prominente Beispiele.
Hier fügt sich dann alles zusammen.
Klimaschutz ist Umweltschutz ist MENSCHENSCHUTZ.
Das ist kein Egoismus, kein Narzissmus, sondern eine einfache, schlüssige Folgerung, die vielen aber noch nicht klar zu sein scheint.
Es hängt wohl - wie so oft - an der griffigen Formulierung.
An der Identifikation mit dem Problem.
An der Präsentation die jedem Einzelnen klar macht:
du bist unmittelbar betroffen!
Solange sich „Klimaschutz“ darauf beschränkt, dass wir über die Ausrottung von Arten sprechen die kaum einer kennt, solange wir über Länder reden die kaum jemand aus den hauptverantwortlichen Nationen jemals bereisen wird, und solange wir über Phänomene sprechen die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind, solange wird sich nichts ändern.
Man sieht es ja aktuell. Obwohl wir wissen wie SARS-CoV-2 zum Menschen kam lecken wir unsere Wunden, und wollen schnellstmöglich zum alten Zustand zurück.
Die Klimadiskussion liegt weitestgehend auf (dem immer schneller tauenden) Eis.
Klimaaktivisten werden in ihren Forderungen immer radikaler, und dafür immer mehr belächelt.
Wer nicht gehört wird, der radikalisiert sich. Auch dafür gibt es genug schmerzhafte Beispiele.
Was müssen wir also tun?
Wir müssen nicht das Klima schützen, sondern den Menschen.
Gleiches Ziel, andere Verpackung.
Wir dürfen nicht über Anstrengungen reden, sondern über Chancen.
Nicht über Arbeitsplatzabbau, sondern über den Aufbau neuer Betätigungsfelder.
Nicht über Umsatzeinbrüche, sondern über neue Absatzwege.
Nicht über Einschränkungen, sondern über Anpassungen.
Das ist mehr als pures Framing.
Es macht nötige Umstrukturierungen greifbar und erreichbar, wo man sonst im besten Fall Hindernisse sieht, im schlimmsten Fall keinen Handlungsbedarf.
Natürlich ist die Formulierung und Kommunikation nur der erste Schritt zum Ziel.
Aber ohne den ersten Schritt kann es auch keinen zweiten geben.
Zäumen wir das Pferd nicht von hinten auf.
Machen wir das Problem zur Chance.
Ändern wir einfach mal den Blickwinkel.
Wenn Sie Unterstützung bei der Präsentation Ihres Anliegens benötigen, lassen Sie es mich gerne wissen.
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